Der Gewöhnliche Tüpfelfarn (Polypodium vulgare), kurz Tüpfelfarn oder auch als Engelsüß und Steinfarn genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Tüpfelfarne (Polypodium) in der Familie der Tüpfelfarngewächse (Polypodiaceae).
Die wintergrüne und ausdauernde Art verbreitet sich als Rhizom-Geophyt oder kriechender Chamaephyt und bildet häufig dichte Bestände. Die Blätter sind zweizeilig wechselständig gefiedert, ganzrandig und bleiben ganzjährig grün. Zur Sporenreife von Juli bis Oktober sind an den Unterseiten der ledrigen, zumeist dunkelgrünen, bis zu 50 cm langen Blätter die namensgebenden, kreisrunden „tüpfelartigen“ Sori besonders auffällig. Die Sporenreife ist von Juli bis Oktober.
Die Chromosomenzahl der Art ist 2n = 148.[1]
Der Gewöhnliche Tüpfelfarn ist ein wintergrüner Rhizom-Geophyt oder ein kriechender Chamaephyt. Bei hoher Luftfeuchtigkeit ist es die einzige heimische Sprosspflanze, die als echter Epiphyt an Borke wächst. Die Pflanze ist poikilohydrisch und kann ganz oder teilweise austrocknen, ohne Schaden zu nehmen. Die Wedel sind ziemlich frostresistent und entspringen jeweils aus kleinen Vorsprüngen, den sogenannten Phyllopodien, des Rhizoms. Das kriechende Rhizom ist dicht mit trockenen Spreuschuppen besetzt, die als Licht- und Wärmeschutz, sowie der kapillaren Wasserleitung dienen. Die Art bildet eine VA-Mykorrhiza aus.
Die Sori sind groß und rund, ein Indusium fehlt. Die Sporen werden als Körnchenflieger ausgebreitet.
Die vegetative Vermehrung erfolgt durch die bis 30 cm langen Rhizome.
Polypodium vulgare (älter auch Polypodium quercini[2]) gilt als Halbschattenpflanze, die wintermilde, mäßig trockene, zumeist kalkfreie und etwas humose Standorte bevorzugt. Sie kommt natürlich in lichten Eichen- und Birkenwäldern sowie an schattigen Mauern und Gebüschen, in luftfeuchten Bereichen aber auch auf Sand, Fels und flachgründig-steinigen Lehmböden vor. An entsprechenden Standorten im atlantischen Europa kommt sie häufig vor. Seltener, bei hoher Luftfeuchtigkeit, wächst der Farn auch – in Mitteleuropa als eine der wenigen heimischen Sprosspflanzen – als echter Epiphyt in der Borke von Bäumen (als Baumfarn[3]), die dann zumeist bemoost sind. Sonst kommt die Art in Gesellschaften des Unterverbands Quercenion roboris oder der Klasse Asplenietea trichomanis vor.[1]
Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2+ (frisch), Lichtzahl L = 3 (halbschattig), Reaktionszahl R = 2 (sauer), Temperaturzahl T = 3 (montan), Nährstoffzahl N = 2 (nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 2 (subozeanisch).[4]
In den Allgäuer Alpen steigt der Gewöhnliche Tüpfelfarn (genannt auch Steinfarn)[5] in Vorarlberg am Südwesthang des Elferkopfs auf Hornstein bis zu 2100 m Meereshöhe auf.[6]
Der Gewöhnliche Tüpfelfarn ist entgegen früheren Annahmen nicht zirkumpolar verbreitet, jedoch im Großteil Europas heimisch.[7] Zudem ist der Farn in Nordafrika, in Südafrika, auf den Kerguelen, im westlichen Asien, in Kasachstan, Kirgisistan, in Xinjiang, in Korea und im fernöstlichen Russland heimisch.[8] Auf Neuseelands Nord- und Südinsel ist die Art ein Neophyt.[8]
Man kann zwei Unterarten und eine Varietät unterscheiden:[8]
Die mit langen Spreuschuppen besetzten und manchmal dick-knolligen Rhizome dieser Art haben durch hohe Anteile an Glycyrrhizin und verschiedenen Zuckern einen süßen Geschmack, worauf auch der alte deutsche Name „(das) Engelsüß“[9] hindeutet. Vor allem Osladin (von tschech. osladič „Tüpfelfarn“, zu osladit „süßen“), ein Steroidsaponin, trägt zum süßlichen Geschmack bei.
Medizinisch verwendet wurden die auch Schleimstoffe enthaltenden Rhizome früher unter anderem gegen Husten und Heiserkeit. Ferner wurde die Pflanze in der Volksmedizin gegen Gicht und Leberkrankheiten verwendet. Ein enthaltener Bitterstoff ist für Darmwürmer giftig.
Tüpfelfarn wurde zudem als irreal magnetisches Attraktivum zum Entfernen von eingedrungenen Geschossen eingesetzt.[10][11]
Die antike Medizin bezeichnete den bei Kopfschmerzen als Einreibung mit Meerzwiebelessig verwendeten Tüpfelfarn auch als Radiolum und Felicina.[12] Ein gebräuchlicher lateinischer Name war polipodium.[13]
Polypodium vulgare enthält auch die zu den Ecdysteroiden gehörenden Hormone Ecdyson und Ecdysteron[14]
Abbildung aus Nordens Flora
Sori auf der Blattunterseite
Der Gewöhnliche Tüpfelfarn (Polypodium vulgare), kurz Tüpfelfarn oder auch als Engelsüß und Steinfarn genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Tüpfelfarne (Polypodium) in der Familie der Tüpfelfarngewächse (Polypodiaceae).