Die Enziane (Gentiana) sind eine Pflanzengattung in der Familie der Enziangewächse (Gentianaceae). Die fast weltweit vorkommenden 300 bis 400 Arten gedeihen vorwiegend in den Gebirgen der gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel, aber auch in den Anden. Einige Arten werden zur Schnapsherstellung und zur Gewinnung von Heilmitteln genutzt. Wenige Arten und Sorten verwendet man als Zierpflanzen.
Enzian-Arten wachsen als ein- bis zweijährige oder ausdauernde krautige Pflanzen. Die aufsteigenden bis selbständig aufrechten Stängel sind gerillt oder kantig. Es gibt bei manchen ausdauernden Arten generative und vegetative Sprossachsen.[1]
Die gegenständigen oder selten wirtelig angeordneten Laubblätter stehen in grundständigen Rosetten oder am Stängel verteilt.[1] Die einfachen Blattspreiten besitzen einen glatten Blattrand.
Die Blüten stehen seiten- oder endständig, einzeln oder meist zu mehreren in zymösen Blütenständen oder manchmal in kleinen Gruppen oder Wirteln.[1]
Die zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und meist fünf-, selten vier- oder sechs- bis achtzählig mit doppelter Blütenhülle.[1] Die grünen Kelchblätter sind bis etwa der Hälfte ihrer Länge verwachsen.[2][1] Die Kelchzähne sind faden- bis eiförmig und besitzen einen erhabenen Mittelnerv.[1] Die meist fünf, selten vier oder sechs bis acht Kronblätter sind oft langröhrig, verkehrt-kegelförmig, glocken-, stielteller-, krug- oder selten radförmig (wohl nur bei Gentiana lutea[2]) verwachsen.[1] Meist sind die Kronröhren viel länger als die Kronzipfel.[1] Zwischen den Kronzipfel befinden sich Faltenlappen (Plicae).[3][1] Die Kronblätter können ganz unterschiedliche Blautöne aufweisen oder sind gelb bis weißlich. Es ist nur ein Kreis mit vier oder fünf, selten vier oder sechs bis acht Staubblättern vorhanden; sie sind mit der Kronröhre verwachsen.[1] Die Staubblätter ragen nicht über die Kronblätter hinaus. Die Staubfäden sind an ihrer Basis mehr oder weniger geflügelt. Die Staubbeutel sind meist frei, selten hängen sie zusammen.[1] Es sind fünf bis zehn Drüsen an der Basis des Fruchtknotens vorhanden.[1] Der sitzende oder an einem langen Gynophor befindliche Fruchtknoten ist oberständig und meist mindestens im oberen Bereich einkammerig.[1] Der Griffel ist meist kurz und linealisch, oder seltener lang und fadenförmig[1] oder er fehlt.[2] Die Narbenlappen sind frei oder verwachsen, zurückgebogen, meist länglich bis linealisch, selten ausgebreitet und gerundet.[1]
Die Kapselfrüchte sind zylindrisch bis ellipsoid und geflügelt, oder mehr oder weniger schmal verkehrt-eiförmig (schmal ellipsoid bei Gentiana winchuanensis), besitzen zwei Fruchtklappen und enthalten viele Samen.[1] Die Samen können geflügelt oder ungeflügelt sein. Die Samenschale ist winzig netzartig, runzelig oder areolate (= gefeldert).[1]
Bei den meisten Enzian-Arten schließen sich die Blüten bei bewölktem Himmel und kühler Luft, auch bei Erschütterungen durch Hagel, Regen und starkem Wind.
Die Gattung Gentiana wurde 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum, 1, S. 227–232.[4] aufgestellt.[5] Als Lektotypus wurde 1913 Gentiana lutea L. von Nathaniel Lord Britton und Addison Brown in An Illustrated Flora of the Northern United States, Canada, & the British Possessions. 2. Auflage. Band 3, S. 8 festgelegt.[5] Synonyme für Gentiana L. sind: Calathiana Delarbre, Chondrophylla A.Nelson, Ciminalis Adans., Dasystephana Adans., Ericala Gray orth. var., Eurythalia D.Don orth. var., Favargera Á.Löve & D.Löve, Gentianodes Á.Löve & D.Löve, Holubogentia Á.Löve & D.Löve, Kuepferella M.Laínz, Kurramiana Omer & Qaiser, Mehraea Á.Löve & D.Löve, Pneumonanthe Gled., Qaisera Omer, Tretorhiza Adans., Ulostoma G.Don.[6]
Der botanische Gattungsname Gentiana ist der lateinische Name für Arten dieser Gattung, woraus auch althochdeutsch entiān und mittelhochdeutsch enziān[7] entstanden, und wurde nachweislich seit 50 bis 100 n. Chr. verwendet. Er leitet sich laut Pedanios Dioskurides und Plinius dem Älteren vom illyrischen König Genthios (180–168 v. Chr.) her, der als Erster die Heilwirkung von Enzian-Arten (vermutlich Gentiana lutea) erkannt haben soll.[2]
Die Gattung Gentiana gehört zur Subtribus Gentianinae aus der Tribus Gentianeae innerhalb der Familie Gentianaceae.[6] Früher wurden auch die Gattungen Kranzenziane (Gentianella), Fransenenziane (Gentianopsis) und Haarschlund (Comastoma) zu einer großen Gattung Enziane (Gentiana s. l.) gezählt.
Die Gattung Gentiana wird in zehn oder elf Sektionen gegliedert:
In Europa gedeihen etwa 35 Gentiana-Arten vorwiegend in den Alpen. In Mitteleuropa kommen folgende Arten vor:[8][9][3]
Die Gattung Gentiana umfasst weltweit 300 bis 400 Arten, die vorwiegend in den Gebirgen der gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel, aber auch in den Anden gedeihen, Gentiana-Arten fehlen in Afrika. In Mexiko gibt es etwa 13 Arten.[10]
Viele Enzianarten haben die im Pflanzenreich seltene reinblaue Blütenfarbe, weshalb diese Enziane zum Symbol der Treue wurden.
Auf den österreichischen Euro-Centmünzen ist der Enzian abgebildet, ebenso auf dem rumänischen Ein-Leu-Schein und auf dem Schweizer Fünffrankenstück.
Die Deutsche Bundesbahn benutzte die Bezeichnung „Blauer Enzian“ für einen Fernschnellzug und späteren Trans-Europ-Express zwischen Hamburg und München, dessen Laufweg später auch nach Österreich verlängert wurde.
Die Wurzelstöcke und Wurzeln (Radix gentianae)[16] einiger Enzian-Arten werden seit dem Mittelalter zur Herstellung von Schnaps, als Arzneimittel und zur Appetitanregung verwendet. Im Gegensatz zu den auf vielen Flaschenetiketten abgebildeten blau blühenden Enzianen werden zur Schnapsbrennerei meist die großwüchsigen Arten (Hochstauden-Enziane),[17] insbesondere der Gelbe Enzian (Gentiana lutea), verwendet, außerdem wird auch Purpur-Enzian (Gentiana purpurea), Tüpfel-Enzian (Gentiana punctata) und Ungarischer Enzian (Gentiana pannonica) dafür genutzt.
Auch als Bitterstoff (Amarum) finden Enziane Verwendung. So wird aus der Wurzel bestimmter Arten die bitterste „natürliche“ Substanz der Welt gewonnen, das Amarogentin. Amarogentin ist auch in einer Verdünnung von eins zu 58 Millionen noch deutlich wahrnehmbar.[18]
Bei vielen Enzianarten schmecken auch die oberirdischen Teile bitter und werden deswegen vom Weidevieh gemieden. Dies ist ein Grund dafür, dass sich Enzianarten auf den beweideten Almwiesen besonders gut halten konnten.
Alle europäischen Enzian-Arten wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den betroffenen Ländern per Gesetz unter Naturschutz gestellt.[19] Verstöße werden mit hohen Strafen geahndet. Die Ernte ist dennoch einigen Personen mit einer Sondergenehmigung gestattet. Außerdem werden Versuche unternommen, den für die Schnapsherstellung und für Medikamente benötigten Enzian als Spezialkultur auf Äckern anzubauen. Das ist schon teilweise gelungen.
Gelber Enzian
(Gentiana lutea)
Ungarischer Enzian
(Gentiana pannonica)
Tüpfel-Enzian
(Gentiana punctata)
Purpur-Enzian
(Gentiana purpurea)
Sorten einiger Arten und Hybriden werden als Zierpflanzen verwendet.
Nicht zur Gattung gehört der Indische Gelbe Enzian (Kuru, Katuka), ein bitteres Heilkraut des West-Himalaja (Picrorhiza kurroa Royle ex Benth.; Plantaginaceae)[20] und die nah verwandte, in der traditionell chinesischen Medizin (TCM) verwendete Pflanze 胡黃蓮 hú huáng lián, Picrorhiza scrophulariiflora Pennell (Plantaginaceae).
Die Enziane (Gentiana) sind eine Pflanzengattung in der Familie der Enziangewächse (Gentianaceae). Die fast weltweit vorkommenden 300 bis 400 Arten gedeihen vorwiegend in den Gebirgen der gemäßigten Zonen der Nordhalbkugel, aber auch in den Anden. Einige Arten werden zur Schnapsherstellung und zur Gewinnung von Heilmitteln genutzt. Wenige Arten und Sorten verwendet man als Zierpflanzen.