Der Zwerg-Holunder, Zwergholunder oder Attich (Sambucus ebulus, Synonym: Ebulum humile) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Holunder (Sambucus).
Beschreibung
Illustration aus
Flora Batava, Volume 18
Der Zwerg-Holunder ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 60 bis 150 Zentimeter erreicht und unterirdische Ausläufer bildet.[1] Die Blätter sind gefiedert und bestehen aus sieben bis neun lanzettlichen, 5 bis 15 Zentimeter langen, fein gesägten Fiederblättchen.[2] Die Nebenblätter sind blattartig.[1]
Die Blütezeit reicht von Juni bis August. Zahlreiche Blüten stehen in 5 bis 10 Zentimeter langen, flachen, doldenrispigen Blütenständen zusammen. Die weißen Blüten sind bei einem Durchmesser von etwa 7 Millimetern radiärsymmetrisch.[3] Die Staubbeutel sind rot und färben sich später schwarz.[1] Als Früchte werden schwarze, beerenartige Steinfrüchte gebildet. Der Zwerg-Holunder hat einen widerlichen Geruch.[3]
Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 36.[4]
Giftigkeit
Alle Pflanzenteile sind giftig, besonders jedoch die Samen der schwarzen Beeren. Die Hauptwirkstoffe in den Früchten sind ein giftiger Bitterstoff mit den beiden Esteridoidglykosiden Ebulosid und Isoswerosid, daneben Kaffeesäure, p-Cumarsäure und Spuren eines Blausäureglykosids. Aus dem methanolischen Extrakt der Wurzel wurden 14 Substanzen isoliert, unter anderem Ebulosid, 7-Hydroxyebulosid, 6´-O-β-D-Apiofuranosylebulosid, Isoswerosid, Secoebolosid, Morronisid und Koaburasid.[5]
Die akute Toxizität der Wurzel liegt im ungefährlichen Bereich und ist während der Blütezeit am größten.[5]
Bei der Aufnahme von Früchten traten spontanes Erbrechen, Übelkeit und Durchfall auf; auch tödliche Vergiftungen sind bekannt.
Vorkommen
Der Zwerg-Holunder kommt im Mittelmeerraum, im warmgemäßigten Europa bis einschließlich Mitteldeutschland sowie im nördlichen Iran und in Turkmenien vor.[1]
In Österreich kommt der Zwerg-Holunder in allen Bundesländern häufig bis zerstreut vor.[6]
Der Zwerg-Holunder wächst an Gebüsch- und Waldrändern, auf Lichtungen und Ödland,[3] auf frischen Waldschlägen und in ruderalen Staudenfluren.[1] Im Tiefland tritt er nur vereinzelt auf, ebenso in kalkarmen Gebieten, sonst wächst er zerstreut und ist meist bestandsbildend. Er bevorzugt stickstoffreiche und basische Böden.[3] Er ist eine Charakterart des Sambucetum ebuli aus dem Aegopodion-Verband, kommt jedoch auch in Gesellschaften des Atropion-Verbands vor.[4]
In den Allgäuer Alpen steigt er in Vorarlberg am Hirschberg zwischen Oberer und Unterer Hirschbergalpe bis in eine Höhenlage von 1520 Meter auf.[7]
Verwendung
Der Zwerg-Holunder wird auch als Zierpflanze verwendet und zur Dünenbefestigung gepflanzt.
Früher wurde der Zwerg-Holunder (lateinisch in der Spätantike ebulum, später, vielleicht mit gallisch odocus „Attich“[8] verwandtem, ebulus und seltener sambucus,[9] genannt) als schädliche Körpersäfte abführendes[10] Heilmittel angesehen, das bereits im Altertum (so in der Medicina antiqua) unter anderem bei Nierensteinen, Milzschmerzen, Schlangenbiss und Wassersucht eingesetzt wurde.[11]
Quellen
Literatur
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Lutz Roth, Max Daunderer, Kurt Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte. Giftpflanzen von A-Z. Notfallhilfe. Vorkommen. Wirkung. Therapie. Allergische und phototoxische Reaktionen. 4. Auflage. Nikol, Hamburg 2000, ISBN 3-933203-31-7, S. 632 (Nachdruck von 1994).
- Eckehart J. Jäger, Friedrich Ebel, Peter Hanelt, Gerd K. Müller (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Begründet von Werner Rothmaler. Band 5: Krautige Zier- und Nutzpflanzen. Springer, Spektrum Akademischer Verlag, Berlin/Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8274-0918-8, S. 419.
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Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands und angrenzender Länder. Die häufigsten mitteleuropäischen Arten im Porträt. 7., korrigierte und erweiterte Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2011, ISBN 978-3-494-01424-1.
- Bettina Rahfeld: Mikroskopischer Farbatlas pflanzlicher Drogen. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 2011, ISBN 978-3-8274-2781-6.
Einzelnachweise
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↑ a b c d e Eckehart J. Jäger, Friedrich Ebel, Peter Hanelt, Gerd K. Müller (Hrsg.): Exkursionsflora von Deutschland. Begründet von Werner Rothmaler. Band 5: Krautige Zier- und Nutzpflanzen. Springer, Spektrum Akademischer Verlag, Berlin/Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8274-0918-8, S. 419.
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↑ Thomas Schauer, Claus Caspari: Der BLV Pflanzenführer für unterwegs. 2., durchgesehene Auflage. BLV, München 2008, ISBN 978-3-8354-0354-3, S. 462.
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↑ a b c d Dietmar Aichele, Marianne Golte-Bechtle: Was blüht denn da? 57. Auflage. Kosmos, Stuttgart 2005, ISBN 3-440-10212-2, S. 104.
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↑ a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5.
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↑ a b Lutz Roth, Max Daunderer, Kurt Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte. Giftpflanzen von A-Z. Notfallhilfe. Vorkommen. Wirkung. Therapie. Allergische und phototoxische Reaktionen. 4. Auflage. Nikol, Hamburg 2000, ISBN 3-933203-31-7, S. 632 (Nachdruck von 1994).
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↑ Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9, S. 804.
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↑ Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2, IHW, Eching 2004, ISBN 3-930167-61-1, S. 518.
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↑ Helmut Genaust: Etymologisches Wörterbuch der botanischen Pflanzennamen. Birkhäuser, Basel/Stuttgart 1976, ISBN 3-7643-0755-2, S. 152.
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↑ Otto Zekert (Hrsg.): Dispensatorium pro pharmacopoeis Viennensibus in Austria 1570. Hrsg. vom österreichischen Apothekerverein und der Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. Deutscher Apotheker-Verlag Hans Hösel, Berlin 1938, S. 141 (Ebulus) und 154 (Sambucus).
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↑ Peter und Ingrid Schönfelder: Der Kosmos-Heilpflanzenführer. Europäische Heil- und Giftpflanzen. 2. Auflage. Stuttgart 1988, S. 76.
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↑ Hans Zotter: Antike Medizin. Die medizinische Sammelhandschrift Cod. Vindobonensis 93 in lateinischer und deutscher Sprache. Akademische Druck- u. Verlagsanstalt, Graz 1980 (= Interpretationes ad codices. Band 2); 2., verbesserte Auflage ebenda 1986, ISBN 3-201-01310-2, S. 160 f.
Weblinks
– Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
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