Die Nelkengewächse (Caryophyllaceae) sind eine Familie in der Ordnung der Nelkenartigen (Caryophyllales) innerhalb der Bedecktsamigen Pflanzen (Magnoliopsida). Es sind meistens krautige Pflanzen mit gegenständigen, ganzrandigen und sitzenden Laubblättern und charakteristischer „gabeliger“ Verzweigung. Die Blüten sind meistens radiärsymmetrisch und zwittrig, die Früchte sind meistens Kapselfrüchte. Sie kommen weltweit in allen Klimazonen vor. Die meisten ihrer rund 2200 Arten findet man mit holarktischer Verbreitung in den gemäßigten Breiten auf der Nordhalbkugel. Sorten vieler Arten werden als Zierpflanzen verwendet.
Der Name Caryophyllaceae leitet sich vom heute nicht mehr anerkannten Gattungsnamen Caryophyllus (heute Dianthus) ab. Dieser Name wurde schon vor Carl von Linné als Bezeichnung für verschiedene Nelkengewächse verwendet, etwa von Paulus Hermannus 1687 im Horti Academici Lugduno-Batavi Catalogus. Er stammt vom griechischen karyophyllon (im Lateinischen als caryophyllus, gariofilus usw. belegt[1]) ab, womit die Gewürznelke (Syzygium aromaticum), ein Myrtengewächs (Myrtaceae), bezeichnet wurde. Die Bezeichnung wurde aufgrund der Ähnlichkeit der getrockneten Blütenknospe der Gewürznelke mit der nagelförmigen, von braunen schuppigen Hochblättern umgebenen Hülle der Karthäuser-Nelke (Dianthus carthusianorum) auf Letztere übertragen. Auch der deutsche Name „Nelke“ (vom mittelhochdeutschen negelkin „Nägelchen“) beruht auf dem Vergleich ihrer aromatischen, nagelförmigen Blüten mit den formähnlichen Knospen der Gewürznelken.[2]
Die Nelkengewächse sind meistens ein-, zweijährige oder ausdauernde krautige Pflanzen, seltener sind es verholzende Pflanzen wie Halbsträucher, Sträucher und Lianen. Das Xylem in den unterschiedlichen Lebensformen (krautige bis verholzende Pflanzen) besteht hauptsächlich aus Parenchym und kleinen Gefäßen mit Durchmessern von 20 bis 50 μm.[3] Die Leitbündel besitzen kein internes Phloem. Das sekundäre Dickenwachstum erfolgt meistens über den normalen Kambiumring, manchmal auch über mehrere konzentrische Kambien (z. B. Spergularia).
Typisch für alle Nelkengewächse ist die dichasiale Verzweigung (siehe Abbildung unten). Die Knoten sind oft geschwollen. Die hier in die Blätter austretenden Leitbündel hinterlassen in der Sprossachse nur eine Lücke (d. h. die Knoten sind unilakunär).
Die Laubblätter sind fast immer kreuzgegenständig, ungeteilt, von länglicher Form und ganzrandig. Häufig sind die Blätter stiellos und die beiden Blätter eines Knotens miteinander am Grund verwachsen (Gamophyllie). Nebenblätter sind selten und treten nur in den Unterfamilien Paronychioideae und Silenoideae auf.
Die endständig (terminal) stehenden Blütenstände sind im Normalfall sogenannte Dichasien (siehe Abbildung unten). Bei vielen Arten ist das Dichasium jedoch reduziert, etwa zu einer Wickel bei Stellaria pendula, zu einer Scheindolde (Doldenspurre) bei Holosteum umbellatum oder sogar zu Einzelblüten.[4]
Die Blüten sind radiärsymmetrisch und in der Regel fünfzählig und zwittrig, seltener eingeschlechtig. Einige Arten sind diözisch (beispielsweise Silene dioica) oder andromonözisch bzw. auch gynodiözisch. Die ursprüngliche Blütenformel lautet:
⋆ K 5 C 5 A 5 + 5 G ( 5 ) _ {displaystyle star K_{5};C_{5};A_{5+5};G_{underline {(5)}}}
Die Blütenhülle ist meistens in Kelch und Krone gegliedert. Der Kelch ist frei (Paronychioideae, Alsinoideae) oder verwachsen (Caryophyllidae). Die Kronblätter sind immer frei. Bei den Caryophyllidae sind die Kronblätter „genagelt“, d. h. sie besitzen einen langen Stiel („Nagel“) und eine „Platte“, am Übergang sitzt oft eine Nebenkrone (Ligula). Charakteristisch ist die regelmäßig nach links deckende ("linksgedrehte") Knospenlage der Kronblätter-Platten vieler Nelkengewächse. Bei vielen Alsinoideae sind die Kronblätter stark zweilappig, sodass der Eindruck entsteht, die Krone sei zehnzählig. Manche Gattungen besitzen nur eine einfache Blütenhülle (Bruchkräuter, Herniaria)
Die Staubblätter sind ursprünglich zehnzählig und stehen in zwei Kreisen. Sie sind nicht miteinander verwachsen. Manchmal sind sie an der Basis mit der Krone oder dem Kelch verwachsen, meistens jedoch frei. Alle Staubblätter sind fruchtbar (fertil). Die Anzahl der Staubblätter kann auf fünf (Herniaria) oder auch auf vier, drei oder eins reduziert sein (bei manchen Stellaria media-Formen). Die Pollensäcke öffnen sich mit Längsschlitzen. Die Pollensackwand besitzt eine faserige, verdickte Mittelschicht (Endothecium). Die innere Schicht der Pollensackwand, das Tapetum, ist drüsig. Die Pollenkörner besitzen drei bis zwölf Keimöffnungen (Aperturen), die je nach Art verschiedene Form haben können (colpat, porat, foraminat oder rugat). Die männlichen Gametophyten sind dreizellig. Viele Arten sind proterandrisch, d. h. die männlichen Organe reifen vor den weiblichen.
Der Fruchtknoten ist oberständig und verwachsen. Die ursprünglich fünf Fruchtblätter sind häufig auf drei (Silene, Stellaria) oder zwei (Dianthus) reduziert. Dementsprechend gibt es zwei bis fünf Griffel und Narben. Der Fruchtknoten ist, charakteristisch für die ganze Ordnung, lysikarp, d. h. die Samenanlagen stehen basal oder an einer freien zentralen Mittelsäule (daher stammt auch die alte Bezeichnung der Ordnung als Centrospermae.) Die Entstehung wird durch eine Auflösung der Scheidewände zwischen den einzelnen Fruchtblättern erklärt. Bei manchen Gattungen sind im basalen Teil des Fruchtknotens noch Reste der Scheidewände erhalten (z. B. Lychnis). Jeder Fruchtknoten enthält meistens viele Samenanlagen, seltener nur eine. Die einzelnen Samenanlagen stehen schräg auf ihrem Stiel (kampylotrop).
Daraus ergibt sich folgende, allgemeinere Blütenformel:
⋆ K 5 o d e r K ( 5 ) C 5 o d e r C 0 A 5 + 5 b i s A 3 + 0 G ( 5 ) _ b i s G ( 2 ) _ {displaystyle star K_{5};oder;K_{(5)};C_{5};oder;C_{0};A_{5+5};bis;A_{3+0};G_{underline {(5)}};bis;G_{underline {(2)}}}
Die Nelkengewächse bilden in der Regel Kapselfrüchte, seltener Beeren (Silene baccifera) oder Nüsse (Scleranthus, Herniaria). Die Kapselfrüchte öffnen sich mit Zähnen (denticid) im Bereich der Griffel.
Die Samen besitzen meistens ein nukleär gebildetes Endosperm, ein Perisperm, und sind stärkehaltig. Der Embryo besitzt kein Chlorophyll. Die Keimung erfolgt epigäisch.
Als Blütenfarbstoffe besitzen die Nelkengewächse Anthocyane, aber nicht die für die Nelkenartigen typischen Betalaine.
Die vorhandenen Saponine und Sapogenine sind Grundlage der medizinischen Verwendung einiger Arten. In der Pflanze spielen Glykoside der Saponine dagegen meistens die Rolle eines Schutzes vor eindringenden Pilzen.[5]
Charakteristisch für die Familie Caryophyllaceae sind auch Mono- und Di-C-Glycosylflavone und davon abgeleitete O-Glykoside. Die Silenoideae speichern in ihren unterirdischen Organen oft kurzkettige Galactane (Lactosin) anstatt Stärke. Alkaloide sind selten.
In dieser Familie fehlen cyanogene Verbindungen, Iridoide und Ellagsäure.
Die meisten Arten betreiben C3-Photosynthese, wenige Arten betreiben Photosynthese des C4-Typs (z. B. Polycarpaea).
Von den für die Systematik der Ordnung der Nelkenartigen (Caryophyllales) wichtigen Siebröhren-Plastiden besitzen die Nelkengewächse als einzige Familie Plastiden des Typs P III, der sich durch polygonale Proteinkristalloiden auszeichnet.
Die Chromosomengrundzahl beträgt x = meist 7 bis 15 (5 bis 19).
Die Bestäubung erfolgt in der Regel durch Insekten (Entomogamie). Es kommen aber auch Autogamie und Kleistogamie vor.
Viele großblütige Arten der Unterfamilie Caryophyllidae werden von Schmetterlingen bestäubt und stellen sogenannte Stieltellerblumen dar. Etliche von diesen Arten werden von Nachtfaltern bestäubt, beispielsweise das Taubenkropf-Leimkraut. Sie besitzen meistens blasse Blüten, die sich erst nachmittags öffnen, duften und reichlich Nektar produzieren. Viele Leimkräuter und verwandte Arten werden unter anderem durch Arten der Nachtfalter-Gattungen Hadena (Familie Eulenfalter) und Perizoma (Familie Spanner) bestäubt, die jedoch auch ihre Eier in die Samenanlagen legen. Die Wechselbeziehungen ähneln denen zwischen Feige und Feigenwespe, sind jedoch nicht eindeutig symbiotisch. Je nach Angebot anderer Bestäuber und anderer Faktoren variieren die Beziehungen von Parasitismus bis zu Symbiose.[6]
Die Nelkengewächse sind weltweit verbreitet, sie fehlen nur im Amazonas- und Kongobecken und Westaustralien. Ihr Verbreitungsschwerpunkt liegt in den nördlichen gemäßigten Breiten, besonders im Mittelmeer-Gebiet, West-Asien und Himalaya. In Afrika südlich der Sahara, in Amerika und Ozeanien gibt es nur relativ wenig Arten.
Zumindest in Mitteleuropa gibt es relativ wenige Waldpflanzen. Die meisten Arten wachsen in eher offener Vegetation: Trockenrasen, Schutthalden, Ruderal- und Segetalstandorten.
Einige Gattungen, beispielsweise Cerastium und Arenaria, sind weitverbreitete „Unkräuter“.
Die Familie Caryophyllaceae wurde 1789 mit der Bezeichnung „Caryophylleae“ durch Antoine Laurent de Jussieu in Genera Plantarum, S. 299[7] aufgestellt. Typusgattung ist Caryophyllus Mill. (veröffentlicht am 28. Januar 1754; ein Synonym von Dianthus L.), aber dieser Name ist nach den Nomenklaturregeln des ICBN nicht gültig, da Caryophyllus L. (veröffentlicht am 1. Mai 1753; ein Synonym von Syzygium P.Browne ex Gaertn.) als Gattung der Myrtaceae früher veröffentlicht wurde.[8][9]
Synonyme für Caryophyllaceae Juss. nom. cons. sind: Alsinaceae Bartl. nom. cons., Dianthaceae Vest, Herniariaceae Martinov, Illecebraceae R.Br. nom. cons., Paronychiaceae Juss., Scleranthaceae Bercht. & J.Presl, Silenaceae Bartl., Spergulaceae Bartl., Stellariaceae Bercht. & J.Presl, Telephiaceae Martinov.[9]
Die Zugehörigkeit der Familie zur Ordnung der Nelkenartigen (Caryophyllales) ist unstrittig, auch wenn ihre Vertreter keine Betalaine enthalten. Innerhalb der Nelkenartigen ist die nächstverwandte Familie die der Molluginaceae, mit denen sie das Fehlen der Betalaine und das Vorhandensein von Anthocyanen teilen.
Die Familie Nelkengewächse (Caryophyllaceae) umfasst 83 bis 89 Gattungen mit 2200 bis 3000 bekannten Arten.[10] Die größten Gattungen sind dabei Silene (600 bis 700 Arten), Dianthus (320 bis 600 Arten), Stellaria (175 Arten), Arenaria (210 bis mehr als 300 Arten) und Gypsophila (etwa 150 Arten).
Traditionell werden die Gattungen nach morphologischen Gesichtspunkten in drei Unterfamilien eingeteilt: Die Paronychioideae zeichnen sich durch Nebenblätter aus, die Alsinoideae besitzen freie Kelchblätter, während die der Silenoideae verwachsen sind. Zumindest die ersten beiden dürften keine monophyletischen Gruppen sein.[11] Eine konsistente moderne Systematik nach phylogenetischen Gesichtspunkten gibt es bis 2006 nicht.
Hier die Unterfamilien mit ihren Tribus und Gattungen:[9][12][10][13][14]
Die größte Bedeutung haben Nelkengewächse als Zierpflanze und Schnittblumen. Mindestens 70 Arten werden als gartenbauliche Kulturen angebaut.
Von besonderer Bedeutung bei den Schnittblumen ist die Gattung Dianthus, speziell die Sorten von Dianthus caryophyllus, die Schnittnelke. Für 498 Millionen $ wurden 2007 Schnittnelken weltweit gehandelt.[23] In Aalsmeer befindet sich das größte Versteigerungszentrum für Schnittblumen in Europa, heute mit Firmennamen FloraHolland, dort wurden beispielsweise im Jahr 2005 57 Millionen Schnittnelken umgesetzt, davon 38 Millionen importierte Nelken.[24] Damit gehört die Schnittnelke zu den zehn meistverkauften Schnittblumen im internationalen Schnittblumenhandel. Die beiden wichtigsten Erzeugerländer für Schnittnelken sind Kolumbien (262 Millionen $ in 2007) und Kenia (36 Millionen $ in 2007).[23] Sorten einiger anderer Dianthus-Arten werden im geringeren Umfang als Schnittblumen gehandelt. Ein anderer für die Floristik wichtige Vertreter der Nelkengewächse ist das Schleierkraut (Gypsophila spec.).
Sorten beispielsweise der Gattungen Agrostemma, Arenaria, Cerastium, Dianthus, Gypsophila, Lychnis, Minuartia, Paronychia, Sagina, Saponaria, Scleranthus und Silene werden als Zierpflanzen in Parks und Gärten verwendet. Je nach Art eignen sie sich für Beete oder Steingärten.[25]
Einige Arten sind aufgrund ihres Saponingehaltes als Arzneipflanzen von Interesse. Gypsophila-Arten liefern die Droge Saponinum album. Auch das Gewöhnliche Seifenkraut (Saponaria officinalis) findet medizinische Verwendung.[26] Saponine im Kahlen Bruchkraut senken bei Laborratten einen überhöhten Blutdruck und fördern die Filtrationsrate ihrer Nieren[27]; Bruchkraut wird kräuterkundlich als Diuretikum zur Durchspülungstherapie bei Harnsteinen, Nierengrieß und Krämpfen verwendet.[28]
Die Vogelmiere (Stellaria media) gilt nach Hildegard von Bingen als vorbeugendes Mittel gegen Blutergüsse nach Prellungen.[29]
In der Traditionellen chinesischen Medizin werden Dianthus superbus, Pseudostellaria heterophylla, Stellaria dichotoma var. lanceolata und Vaccaria hispanica für vielfältige Zwecke verwendet.[12]
Als Giftpflanze war früher die Kornrade (Agrostemma githago) von Bedeutung, da die Samen des Ackerunkrauts als Verunreinigung des Getreides häufig in Mehl gelangten. Der hohe Saponingehalt (6–7 %, hauptsächlich Githagosid) verursacht Schleimhautreizungen, aber auch Atemlähmungen und Schock. Auch die medizinischen Wirkungen wurden untersucht. Während Hungersnöten wurden die Blätter gegart gegessen (Problem giftig!).[26]
Die medizinischen Wirkungen von Cerastium arvense, Cerastium viscosum, Silene acaulis, Silene baccifera, Silene conoidea, Silene firma, Silene nigrescens, Stellaria alsine, Stellaria dichotoma und Stellaria media wurden untersucht.[26] Vom Quendel-Sandkraut (Arenaria serpyllifolia), vom Wasserdarm (Myosoton aquaticum), von Drymaria cordata, Paronychia argentea, Paronychia capitata, Spergula arvensis, Spergularia rubra, einigen Dianthus-Arten und wenigen Gypsophila-Arten wurden die medizinischen Wirkungen untersucht.[26]
Die jungen grünen Pflanzenteile des Wasserdarm (Myosoton aquaticum) werden während Hungersnöten gegart gegessen. Sie sind süß und zart und sind reich an Mineralstoffen.[26]
Die oberirdischen Pflanzenteile vom Quendel-Sandkraut (Arenaria serpyllifolia) werden als Gewürzkraut verwendet.[26]
Die grünen Pflanzenteile von Cerastium fontanum, Cerastium furcatum, Cerastium holosteoides subsp. glandulosum, Cerastium semidecandrum und Cerastium viscosum werden roh oder meist gegart gegessen.[26]
Die grünen Pflanzenteile von Silene acaulis, Silene baccifera, Silene gallica, Silene firma und Silene vulgaris werden roh oder meist gegart gegessen.[26]
Die grünen Pflanzenteile von Stellaria alsine, Stellaria diversiflora, Stellaria jamesiana, Stellaria media, Stellaria neglecta, Stellaria nipponica und Stellaria radians werden roh oder meist gegart gegessen. Von Stellaria jamesiana werden auch die unterirdischen Pflanzenteile roh oder meist gegart gegessen, sie sind süß und schmeckend. Die gemahlenen Samen von Stellaria media werden beispielsweise zum Andicken von Suppen verwendet, sie enthalten 17,8 % Proteine and 5,9 % Fette.[26]
Die grünen Pflanzenteile von Spergula arvensis werden gegessen. Von Lychnis fulgens werden die jungen grünen Pflanzenteile gegart gegessen. Die Blätter von Drymaria cordata werden roh oder meist gegart gegessen.[26]
Während Hungersnöten werden die getrockneten und gemahlenen Samen von Spergula arvensis und Spergularia rubra zum Brotbacken verwendet.[26]
Die Blätter von Vaccaria hispanica werden als Gewürz verwendet. Die gemahlenen Samen gegessen und enthalten viel Stärke, 13,8–16,1 % Proteine sowie 1,6–3,2 % Fette. (Problem giftig!)[26]
Aus den oberirdischen Pflanzenteilen von Paronychia capitata und aus den Blüten von Paronychia argentea sowie Paronychia jamesii kann man einen Kräutertee aufbrühen.[26]
Die oberirdischen Pflanzenteile von Dianthus superbus werden als Gewürzkraut verwendet. Die Kronblätter (ohne ihre Basis) von Dianthus caryophyllus sowie Dianthus plumarius werden ähnlich wie die von Rosen-Arten zum Dekorieren und Herstellen von Getränken, Süßspeisen und Salaten verwendet, sie duften und schmecken gut.[26]
Die grünen Pflanzenteile von Honckenya peploides werden als sauer schmeckendes Gewürzkraut oder wie Sauerkraut verwendet. Ihre Samen werden gemahlen verwendet, manchmal anderem Mehl hinzugefügt.[26]
Aus allen Pflanzenteilen, aber besonders den Wurzeln des Gewöhnlichen Seifenkrautes (Saponaria officinalis) kann Seife hergestellt werden; daher der Name. Auch einige Silene-Arten, Gypsophila licentiana, Gypsophila struthium, Lychnis fulgens und Lychnis flos-cuculi können zur Seifenherstellung genutzt werden[26]
Der Sage nach wurden die Nelken 1270 vom Heer des französischen Königs Ludwig IX. bei der Belagerung von Tunis dort entdeckt, nach Hause gebracht und in den Gärten weitergezüchtet.[31]
Der Ruf der Gewürznelken, eine aphrodisierende Wirkung zu haben, übertrug sich im Mittelalter auch auf die Nelken. Ab dem Mittelalter galten sie als Symbol für Verlobung, Liebe und Ehe. Sie zierte viele Brautbilder. Als Zeichen der göttlichen Liebe findet sie sich auf vielen Mariendarstellungen besonders des 15. bis 17. Jahrhunderts.[32]
Ende des 18. Jahrhunderts waren Nelken groß in Mode. So schrieb etwa Heinrich Christian Brocke 1771: „Denn so, wie die Moden in allen Sachen abwechseln, so ist es auch bei den Blumen, so dass jetzo eine Nelke mit ausgezacktem Blatte wenig mehr geachtet wird, weil die Franzosen, von denen wir was die Moden betrifft, getreue Nachahmer sind, die Nelken mit den runden Blättern sehr lieben.“[33]
Während der französischen Revolution war die rote Nelken ein Zeichen der Aristokraten, die mit einer roten Nelke im Knopfloch zur Guillotine schritten.[31][34]
Seit den ersten 1.-Mai-Demonstrationen 1890 ist die rote Nelke jedoch zum Symbol für die internationale Arbeiterbewegung geworden. Da das Mitführen von Fahnen verboten war, wählte man rote Nelken als Symbol. Jedoch auch diese Zeichen fielen unter das polizeiliche Verbot, sodass auch das Tragen der roten Nelke zu Verhaftungen führte. Rote Nelken zieren heute noch die Gräber etwa von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.[31][34] Die sozialdemokratischen Abgeordneten zum Österreichischen Nationalrat tragen heute noch bei der Eröffnungssitzung nach einer Wahl traditionell eine rote Nelke im Knopfloch, die Abgeordneten der ÖVP eine weiße Nelke.
Die portugiesische Nelkenrevolution vom 25. April 1974 hat ihren Namen von den Blumen, die die revolutionären demokratietreuen Truppen in ihren Gewehrläufen trugen.[31]
Im Volksglauben des deutschsprachigen Raumes spielten die Nelken keine große Rolle. Nach dem „Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens“ galt die Rote Lichtnelke als Heilmittel gegen ausbleibende Menstruation, das Mitführen von geweihten Lichtnelken gegen Verblendung am Weg.[35] Nelken erblühen dem Volksglauben nach aus dem Blut unschuldig getöteter. Die blutigen Nägel vom Kreuz Christi sollen sich in rote Nelken verwandelt haben. Das Abreißen von Karthäuser-Nelken führe zu Unwettern, das von Blut-Nelken oder auch Karthäuser-Nelken führe zu Nasenbluten.[36]
Von den Nelkengewächsen sind in der deutschsprachigen Literatur praktisch nur die Nelken vertreten und auch diese spielen nur eine sehr untergeordnete Rolle. In Gedichten wird sie manchmal im Zusammenhang mit der Rose oder in anderen Aufzählungen von Blumen verwendet. Ein Beispiel sind folgende Zeilen aus der Sammlung Des Knaben Wunderhorn:
Keine Rose, keine Nelke kann blühen so schön,
Als wenn zwey verliebte Seelen beysammen thun stehn.[37]
Johann Wolfgang Goethe lässt im Gedicht Das Blümlein Wunderschön die Nelke sogar zu Wort kommen:
Nelke
Das mag wohl ich, die Nelke, sein,
Hier in des Wächters Garten,
Wie würde sonst der Alte mein
Mit so viel Sorge warten?
Im schönen Kreis der Blätter Drang,
Und Wohlgeruch das Leben lang,
Und alle tausend Farben.
Graf
Die Nelke soll man nicht verschmähn,
Sie ist des Gärtners Wonne:
Bald muß sie in dem Lichte stehn,
Bald schützt er sie vor Sonne;[38]
Die Brüder Grimm zeichneten in ihren Kinder- und Hausmärchen auch das Märchen Die Nelke auf. Annette von Droste-Hülshoff konnte dem Reimpaar „Nelke – welke“ nicht widerstehen:
Doch wenn ein frischer Hauch die welke
Todsieche Nessel hat berühret:
Dann hält sie sich wie Ros' und Nelke
Und meint sich königlich gezieret.[39]
Ebenso wenig Heinrich Heine in seinen Neuen Gedichten:
Ich breche Rosen, ich breche Nelken,
Zerstreuten Sinnes und kummervoll;
Ich weiß nicht, wem ich sie geben soll; -
Mein Herz und die Blumen verwelken.[40]
In einem von Clemens Brentanos Rheinmärchen wird die Nelke in eindeutig erotischem Zusammenhang erwähnt: „Wie er so betend ihr in das liebliche Angesicht schaute, summte eine kleine goldene Biene um sie her und wollte sich eben auf ihren roten Mund, den sie für eine duftende rote Nelke hielt, niederlassen.“[41]
Theodor Storm widmete den Nelken ein eigenes Gedicht:
Nelken
Ich wand ein Sträußlein morgens früh,
Das ich der Liebsten schickte;
Nicht ließ ich sagen ihr, von wem,
Und wer die Blumen pflückte.
Doch als ich abends kam zum Tanz
Und tat verstohlen und sachte,
Da trug sie die Nelken am Busenlatz,
Und schaute mich an und lachte.[42]
Der Wiener Theaterdichter Johann Nestroy benannte eine seiner Zauberpossen „Nagerl und Handschuh“, nach der wienerischen Bezeichnung „Nagerl“, die auf das mittelhochdeutsche Wort negellîn für Nelke zurückgeht.[43]
Die IUCN führt im Jahr 2013 61 Arten aus der Familie Caryophyllaceae mit unterschiedlichen Einstufungen in ihrer Datenbank der gefährdeten Arten.[47] In Deutschland stehen 1996 19 Arten und Unterarten mit den Einstufungen 0 bis 3 (ausgestorben bis gefährdet) auf der Roten Liste[44], in Österreich 1999 29 Arten und Unterarten mit den Einstufungen 0 bis 4 (ausgestorben bis potentiell gefährdet)[45] und mit der Schweiz 20 Arten und Unterarten in den Einstufungen NT bis EX (near threatened bis extinguished).[46]
Die Nelkengewächse (Caryophyllaceae) sind eine Familie in der Ordnung der Nelkenartigen (Caryophyllales) innerhalb der Bedecktsamigen Pflanzen (Magnoliopsida). Es sind meistens krautige Pflanzen mit gegenständigen, ganzrandigen und sitzenden Laubblättern und charakteristischer „gabeliger“ Verzweigung. Die Blüten sind meistens radiärsymmetrisch und zwittrig, die Früchte sind meistens Kapselfrüchte. Sie kommen weltweit in allen Klimazonen vor. Die meisten ihrer rund 2200 Arten findet man mit holarktischer Verbreitung in den gemäßigten Breiten auf der Nordhalbkugel. Sorten vieler Arten werden als Zierpflanzen verwendet.